Amsterdam: Rijksmuseum textil

Kurztrip nach Amsterdam  – und im Rijksmuseum fand ich gleich wieder Bilder mit handarbeitenden Frauen.

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Detail: Portrait of a Venetian Family, Pietro Longhi, c. 1752
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Portret van een dame met breiwerk, Warner Horstink, 1799
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Detail: Susanna van Collen-Mogge, Hermanus Numan, 1776

Das sind nur drei Beispiele einer großen Sammlung, die ich inzwischen virtuell über die Website des Museums angelegt habe. Alle Bilder sind gemeinfrei und man kann damit machen, was man will!  Falls ihr viel mehr Bilder mit Handarbeiten sehen wollt, schaut hier in meinem Rijks Studio.

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Detail: Het Straatje, Vermeer

Klickt auch mal auf diese beiden Vermeers, die ich extrem herangezoomt habe, und freut euch über die Feinheiten. Jeder Stich auf der Jacke des Milchmädchens wird im Detail sichtbar.

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Het melkmeisje, Johannes Vermeer, ca. 1660

Im obersten Stockwerk des Museums geht es um das letzte Jahrhundert. Dort fand ich dieses Mondrian-Kleid von Saint Laurent. Sehr raffiniert. Abnäher sucht man vergeblich: Die Form entsteht durch den Zuschnitt der schwarzen Einsätze.

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Deutlich sichtbare Schulterabnäher hat diese KZ-Jacke einer holländischen Jüdin. Was für eine Vorstellung, wie in den Schneiderwerkstätten die Häftlingskleidung den weiblichen Formen angepasst wurde.

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Das Rijksmuseum besitzt eigentlich auch eine große Kostümkollektion. Leider wird aber immer nur nur ein ganz kleiner Teil davon wechselnd ausgestellt. Im Grunde handelt es sich um eine Vitrine Kleidung und eine Vitrine Accessoires im Rahmen der „Special Collections“ im Erdgeschoss.  Es lohnt sich nicht, nur wegen dieses kleinen Bereichs das Museum zu besuchen.

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Die von der Besitzerin handbestickte Jacke in der Mitte fand ich interessant. Der Entwurf für die Stickerei stammte vom Ehemann der Trägerin, einem Kunstschmied.

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Die Waisenmädchen aus dem letzten Blogbeitrag „Textiles bei Liebermann“ tauchten auch wieder auf. Hier gemalt von einer niederländischen Porträtmalerin, zur selben Zeit wie Liebermann. Inzwischen weiß ich auch mehr über die Farben der Uniform: Schwarz und Rot sind die Farben des Wappens von Amsterdam.

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Drie meisjes uit het Amsterdamse Burgerweeshuis, Thérèse Schwartze, 1885

Im Gebäude des Waisenhauses ist heute das Amsterdam Museum. Ich habe zwecks Spurensuche dort vorbeigeschaut und Liebermanns Blickwinkel wiedergefunden:

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Max Liebermann - Free Period in the Amsterdam Orphanage - Google Art Project
Freistunde im Amsterdamer Waisenhaus, Max Liebermann 1881
Der schattenspendende Baum ist nicht mehr da – dafür aber eine Lücke im Pflaster sichtbar.

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Meine vorpubertierende Begleitung hatte ich ja schwer genervt mit den Museumsbesuchen. Zurück in Berlin ergab sich am Wochenende eine Verkleidungsaktion (früher hieß das „Rollenspiele“, galt als pädagogisch besonders wertvoll) und ich beobachtete diese Szene:

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Was wurde gespielt? Waisenhaus. Ein Zusammenhang mit dem Amsterdam-Trip wurde aber strikt verneint. Purer Zufall, eben.

 

7 Kommentare

  1. Purer Zufall sicher auch die rot-schwarze Kostümierung, nicht wahr?
    Ich finde es ganz erstaunlich, wie viele handarbeitende Frauen du in jedem beliebigen Museum entdeckst. Früher hätte ich gesagt: handarbeitende Frauen im Bild gibt’s gar nicht. Mir sind sie einfach nicht aufgefallen.
    Was ist dieses „breiwerk“ wohl für eine Handarbeit? Strickt sie da einen Strumpf? Aber was ist das für ein Werkzeug in der anderen Hand? Und was wohl aus dem Nähkästchen von Susanna van Collen geworden ist? Ob das wohl noch irgendwo steht und benutzt wird?

    • Breien ist stricken. Aber dieses Gerät in der Hand – vielleicht ein Behälter für Stricknadeln? BBC würde daraus jetzt ein Sendung machen – History Detectives z.B. – und das Rätsel lösen

  2. Liebe Suschna, ich bin wieder hin und weg von deiner Präsentation … und ja, auch ich staune auch, wie viele Handarbeiterinnen im Malerischen festgehalten worden sind.
    Danke für diesen wunderbaren Post … und nun geh ich immer wieder ein Stück lesen und verinnerlichen.
    Lucys Gedanken dazu finde ich klasse – wo werden all die Hinterlassenschaften sein?

    Herzlichst, Gisa/*Mia*

  3. In meiner Sammlung beim Rijksmuseum sind derzeit 79 Arbeiten – und das ist ja nur aus dem Bestand des Museums! Wieviele Abbildungen mag es weltweit geben? Holland ist natürlich eine gute Fundgrube, weil dort das alltägliche Leben als Bildmotiv beliebt war.

  4. Die handarbeitende Frau war früher wohl einfach selbstverständlich. Und als tugendhaft wurde das auch auf Bildern dargestellt.

    Heute ist das so anders- in den letzten zwei Wochen habe ich ja in allen möglichen Situationen mein Alabama-Chanin-Kleid gestickt und wurde – laut meinen Kindern- angestarrt. Ich selbst habe das ja nicht mitbekommen.
    Ist es denn im Flugzeug so viel seltsamer zu häkeln als zu lesen? Ist Handygetippe toller als sticken?
    Zumindest ist Handarbeit kommunnikativ- ich wurde ein paarmal angesprochen, was ich denn da machen würde….

    Du hast wieder eine schöne Sammlung zusammengetragen, Danke!

  5. Zumindest wird die Großraumvitrine offensichtlich häufiger neu bestückt – bei meinem letzten Besuch in Amsterdam im Oktober wurden noch andere Stücke gezeigt.
    Ich habe mich in den letzten Tagen auch viel mit einem Waisenhaus beschäftigt, allerdings dem in London. Bei der Vorbereitung einer Vorlesung zur Quellen in der Kleidungsforschung bin ich darauf gestossen, dass im 18. Jahrhundert die (meist) Mütter, die ihre Kinder dort abgeben mussten, den Babies ein Pfand als Erkennungszeichen mitgaben, falls es ihnen möglich sein sollte, die Kinder wieder bei sich aufzunehmen. Dabei handelte es sich meist um ein Stück Textil oder ein Band.
    Die Geschichte in all ihrer Tragweite wird hier sehr gut erzählt:
    http://www.theguardian.com/culture/2010/oct/09/foundling-hospital-museum-threads-feeling
    Und hier ist die virtuelle Ausstellung:
    http://www.threadsoffeeling.com
    Ich war und bin sehr ergriffen von diesen Stücken (und hoffe, das rechtfertigt genug mein umthematisches Reinplatzen zwischen die handarbeitenden Frauen…)
    LG, Bele

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