Thema Stoffspielerei: Kinderleicht

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Dieses Jahr geht es weiter mit den Stoffspielereien. Fast drei Wochen noch, dann bin wieder ich dran.

Sonntag, den 26. Januar 2014

könnt ihr euch hier mit euren Beiträgen melden.

Mein Themenvorschlag: Kinderleicht.

Etwas Kinderleichtes eben. Textile Werke,  textile Techniken, mit denen auch Kindern klarkommen würden. Seien es Kinder heute oder Kinder vor hundert Jahren.

Von vor vierzig Jahren zeige ich zwei Stücke aus meiner Jugendzeit, die wieder aufgetaucht sind. Aus dem Handarbeitsunterricht in der Grundschule stammt der Wandbehang mit Kartoffeldruck auf dem Foto oben. (Ich kann mich noch daran erinnern, wie die Lehrerin mir riet, das Männchen abwechseln schräg und gerade aufzudrucken).

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Dieses Batikbild mit 70er Flair entstand in einem Jugendfreizeitheim. Hier erinnere ich mich mehr an die Mühe, das Wachs wieder herauszubügeln. Es ist immer noch ziemlich starr. Vielleicht mache ich eine Tasche daraus, die dürfte wasserfest sein.

Dass ich wohl eine der letzten war, die noch Handarbeitsunterricht hatte, habe ich aus diesem Artikel des Tagesspiegels erfahren: Die Denunziation der Stricknadel. Darin lauter interessante Aspekte zum Thema Handarbeiten heute und früher und zum neuen Buch der Potsdamer Professorin Juliane Jacobi  Mädchen und Frauenbildung in Europa. Von 1500 bis zur Gegenwart .

 Handarbeiten waren für Frauen, schreibt Jacobi in ihrem Buch, einst die „einzige bescheidene Erwerbsmöglichkeit“ und ein Vehikel zur mildtätigen Arbeit im 19. Jahrhundert. Später wurde die Handarbeit dann denunziert als „besonders perfide Methode, die Mädchen von ernsthafter intellektueller Arbeit abhalte und sie auf ihre ,dienende’ Rolle in der bürgerlichen Familie festlege…

…Wer heute handarbeitet, bewegt sich zwischen dem Bedürfnis nach Nachhaltigkeit und dem Drang zum Tätigsein, zwischen Neuem Biedermeier und Selbstverwirklichung, Stümpertum und technischer Raffinesse. 

Scheinbar endlich mal ein Buch zum Thema, dass ohne ideologische Scheuklappen auskommt und die Gegenwart einbezieht. Ich werde mal hineinschauen und mir selbst ein Bild machen.

Und an alle mit Drang zum Tätigsein: Nicht vergessen, Stoffspielerei in drei Wochen, KINDERLEICHT!

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Nachtrag: Kinderleicht heißt nicht anspruchslos,  das will ich nochmal deutlich sagen. Siehe dieses Werk einer Zwölfjährigen (zoomt euch mal in die Details):

Quelle: MetMuseum, Embroidered Sampler

18 Kommentare

  1. Freut mich, dass das Thema schon veröffentlicht ist, schön etwas darüber nachdenken zu können. Zeitlich sollte dann für kinderleichte Sachen reichlich Spielraum sein.
    Das Thema ist vom Anspruch und Aufwand her Ausgleich zum Projekt „Lemminge“, das schon in meinen Gedanken kreist.

    Aus zeitlichem Abstand betrachtet ist auch Handarbeit nicht von den Bedingungen im Umfeld samt Ideologie trennbar – finde ich. Beispiel dafür ist z.B. die Zeitschrift Frauenfleiß (sammle ich) in der in Kriegszeiten Frontnovellen gedruckt wurden und die Rubrik „Neues aus Altem“ Inhalt war.

    Meine Oma hat in den 40er Jahren noch für Frauen aus der Stadt Ausfahrgarnituren als kleinen Zuverdienst gehäkelt, vielleicht ein Beispiel für Absatz 1 Deines Zitates.
    Mitunter denke ich auch, dass Handarbeiten für Frauen in früherer Zeit einerseits Notwendigkeit für Eigenversorgung waren und andererseits Möglichkeiten sich zurückzuziehen und zu gestalten so wie wir es auch heute empfinden. Manche Handarbeiten waren mit Treffen und Geselligkeit verbunden.
    LG Ute

  2. Ein schönes Thema! Ich hab auch schon eine Idee. Vielleicht dürfen ja die Kinder helfen, mal sehen :)

    Ich bin übrigens schwer beeindruckt von deinem Kartoffeldruck. So genau! Und das in der Grundschule!

    Ja, leider ist der Handarbeitsunterricht so wie auch der Technikunterricht völlig aus dem Bildungsplan der höheren Schulen verschwunden. Ich gehöre zu der seltenen Spezies, die beides in den 80ern noch erleben durfte und ich finde es sehr sehr schade, dass man das an den Gymnasien (und ich vermute auch an den Realschulen) hat aussterben lassen. Klar gibt es auch schrecklichen Handarbeitsunterricht, aber das gibt es auch in Mathe oder Deutsch oder…
    Ich fand es zumindest einprägsam. Das ist mehr als man von vielen anderen Unterrichtsstunden sagen kann. Und habe auf die Weise gelernt, ein Fahrrad zu flicken, Holz zu schleifen und Stoffschuppen mit Knopflochstich auf ein Kissen zu nähen (welches leider verschollen ist).
    Dafür könnte man meiner bescheidenen Meinung nach in der Gymnasiallaufbahn auf so einige dämliche Power Point Präsentationen verzichten. Aber gut, ich schweife ab…

    Liebe Grüße!

  3. Mein ältester Sohn, Jahrgang 1985 hatte in einer bayerischen Grundschule noch Textiles Gestalten, er lernte z. B. auch Stricken, was ihm als Linkshänder sehr schwer viel, nach unserem Umzug nach Hessen hatte er im 5. und. 6. Schuljahr an einer Gesamtschule sowohl Werk- als auch Hauswirtschaftsunterricht. Danach wurden diese Fächer in Hessen für die Gymnasialklassen gestrichen. In Bayern ist Textiles Gestalten immer noch Pflichtunterricht.
    herzlich Judika

  4. Ich verstehe nicht, warum die Reaktion war den Handarbeitsunterricht generell abzuschaffen und nicht ihn einfach fuer beide Geschlechter verpflichtend zu machen. Aber gleichzeitig kommt dann wieder die Frage auf: ist die Schule ueberhaupt zustaendig und motivierend genug; lernt man nicht viel mehr in einer Familie in der Handarbeit selbstverstaendlich ist. Aus eigener Erfahrungkann ich sagen, dass obwohl sehr Kunst und Werk freundig, beides in der Schule eher mir verleidet wurde. In meiner Grundschule, ich bin jetzt 25, wurde noch recht frei gebastelt, Druck, Filzen, Malen, Holzarbeit. In der weiterfuehrenden Schule im Kunstunterricht wurden dann die Themen sehr beschraenkend und von der Interpretation der jeweiligen Lehrer abhaengig, sodass alle die konnten es abwaehlten. Meine Grossmutter hatmir aber von aehnlichen Erfahrungen aus ihrem Handarbeitsunterricht, Mitte der 30er erzaehlt. Sie sollte Struempfe stricken, fand diese aber zu langweilig einfach und hatte sich dann noch eine Borduere als Abschluss selbst ausgedacht. Resultat: schlechte Note da Aufgabenstellung verfehlt und zu lange Zeit damit verbracht.
    Ich bin in einem Haushalt aufgewachsen, wo selbst Dinge herzustellen normal war, ich habe meine Grossmutter oft naehen oder stricken gesehen, habe allerdings dank ihrer Ungeduld mir fast alles aus Handarbeitsbuechern und Internet selbst beigebracht. Ich denke, wenn das Umfeld und die Motivation fehlt, hilft der Unterricht aus nichts.

  5. ps, man wird von allen angestarrt wie ein rotes Nilpferd, wenn man als 15 jaehrige eher aus Langweile einen Pullover strickt und dafuer Wolle kaufen will, ebenso bei einer Leinentischdecke mit selbstausgedachtem Kreuzstich. Dieses süffisante na, Maedchen glaubst du denn du schaffst das und wirfst es nicht in die Ecke, hast du denn nichts anderes zutun, ist doch schade ums Geld, der Umgebung ist nicht nett.

    • Klingt so nach Altfrauenkommentar im Bus (Schlag: genervte Rentnerin)? Schade, ich hätte ja jetzt eher das Gegenteil erwartet. Wenn meine Tochter irgendwo erzählt das sie stricken kann (also zumindest rechte Maschen…) sind die meisten eher positiv überrascht. Glaube ich. Vielleicht liegt das einfach am entsprechenden Umfeld, Stadt/Land? Hier arbeiten die meisten Erwachsenen Vollzeit und haben oft schon selbst als Kind das Stricken nicht gelernt, können also zumindest nicht allzu viele Besserwisserkommentare abgeben…Nur Mut zum Weiterstricken! Manche Leute müssen einfach alles negativ kommentieren. Vielleicht war das ja eine alte Handarbeitslehrerin ;)

      • Das erstaunt mich aber auch, ich kenne durchweg nur postive Reaktionen. Am besten nach Gleichgesinnten suchen!

      • meistens sind es Frauen um die 40-50, seltsamerweise am schlimmsten sind die aus Handarbeits-Wolllaeden. Maenner sind meistens noch eher interessiert.
        Es haengt auch extrem davon ab, was man machen will, ein einfacher Schal oder Muetze stricken ist ok, Pullover oder groessere, komplizierte Projekte und alles was nicht Stricken ist wird komisch beaeugt.
        Das internet seine Moeglichkeiten sind in der Hinsicht schon ein Segen.

      • :-) Wurde gerade in einem Strickgeschäft komisch behandelt. Ich glaube, egal wie alt man ist, man trifft immer auf welche, die ihr ganzes Selbstbewusstsein daraus ziehen, dass sie irgendwas gut können. Die fühlen sich dann von anderen in ihrem Gebiet „bedroht“ anstatt die Größe zu haben, sich über Gleichgesinnte zu freuen und ihnen beim Vorankommen zu helfen. Man darf sich einfach nicht beirren lassen. Die Ewiggestrigen lässt man irgendwann hinter sich zurück.

  6. Da kann man ja staunen, was du so fabriziert hast. Ich kenne eher so matschige Kartoffeldruckvarianten.Die Fertigkeiten der Kinder in diesem Alter gehen heute ganz krass auseinander !Je nachdem wie so etwas im familiären Umfeld geflegt wird oder noch bzw. schon wieder vorkommt.

    Ich bin immer noch über dem „Müßiggang oder rastlose Tätigkeit…“ und dort geht es ja genau um dieses Thema.Bist du schon durch?

    Da bin ja sehr gespannt, was zum Thema gezeigt wird!

    • mensch mensch, ihr seid ja echt gut beim Lesen. Du die rastlose Tätigkeit und den Balzace, Griselda mit Barabara Vinken – keines der Bücher habe ich ansatzweise durch. Weiß gar nicht, was mit mir los ist.

  7. Ich finde das Thema sehr interesant und les mich auch gleich durch die weiterführenden Links.
    In meiner Grundschule gab es auch noch Handarbeitsunterricht, das Stricken eines Beutels war für mich sehr zäh, ich war froh, als es vorbei war. Stickereien in der Orientierungsstufe (5.& 6. Klasse) waren mir ein Greuel, ich war immer viel zu langsam und bekam grundsätzlich eine 3. Note 3 hieß für mich: schlecht. Also empfand ich mich als unbegabt und unkreativ. In der siebten Klasse aber hatte ich einen sehr anderen Kunstlehrer, der unglaublich kreativ war und einfach sein Ding durchzog, egal was die Leute über ihn sagten. Und dieser Lehrer glaubte irgendwie an mich oder an ein Talent, das in jedem schlummert, und ermutigte mich und siehe da, ich wurde mit sehr gut benotet und war bis zum Abitur fest davon überzeugt, dass ich gut zeichnen könne (-mit der Ablehnung der Hochschule für Bildende Künste legte sich die Überzeugung aber sehr schnell wieder).
    Jedenfalls sehe ich heute vor allen Dingen das Problem mit der Benotung. An vielen Schule wird durchweg noch mit den sechs Schulnoten bewertet, was ich gerade in künstlerischen Bereich für völlig daneben halte. Kreativität sollte nicht bewertet werden, besonders nicht im Einsteigerbereich, sprich Grundschule, denn das macht jegliche Kreativität zunichte. Da barucht es schon sehr viel Selbstbewußtsein und gute Vorbilder, um sich dennoch kreativ zu fühlen. Meine Kinder hatten teilweise die Möglichkeit, sich im freien Nachmittagsunterricht für einen Handarbeitskurs zu entscheiden. Sie haben beide ein wenig Stricken gelernt und es hat ihnen Spaß gebracht, weil es völlig frei von jeglicher Wertung war. Die aus dem eher unperfekten Strickstück entstandene Tasche ernetete in meiner Familie viel Anerkennung. Kein Wunder, dass dann auch schnell das nächste Strickstück in Angriff genommen wurde.

    Auf einer (noten-)freien Basis kann ich Handarbeiten an Schulen nur empfehlen, sollte es bewertet werden müssen würde ich Abstand davon halten, da diese Bewertung mehr kaputt macht als der Gewinn durch das Erlernen der Techniken mit sich brächte.

  8. Wieder eine interessante Diskussion bei euch hier. Ich hatte noch Handarbeit, aber Art und Weise des Unterrichts hatten es mir eine Zeitlang ziemlich verleidet, vor allem die Angst vor der Bewertung, wenn man nicht schnell und nicht präzise genug war… Da die Jungs „befreit“ waren, hat mein Vater mich einfach „abgemeldet“ (wegen der Gleichberechtigung…) Als 15jährige hab ich dann angefangen mir aus alten Glockenröcken von Hand die ersten Minis zu nähen und Hemden in kragenlose Blusen zu verwandeln. Stricken und Häkeln hab ich nie gelernt…, rechte Maschen und Luftmaschen kriege ich gerade noch hin ;-) Lieben Gruß Ghislana

  9. Ich kenne das auch – der Handarbeitsunterricht war sehr durchwachsen und sehr unterschiedlich. Ein halbes Jahr lang hatte ich eine tolle Lehrerin, danach einen Albtraum. Und die Mütze aus der Grundschulzeit – die ist auch nie fertig gestrickt worden. Leider habe ich auch zuhause kein Handarbeiten lernen können, meine Mutter hatte dafür keine Zeit oder keine Lust. Erst mit 40 beschloss ich: so kann das nicht weitergehen. Ich möchte jetzt endlich nähen lernen. Und es macht mir sooolchen Spaß und Freude. Meine Kinder können mit meinem Mann handwerken (der Sohn macht da viel mit, die Tochter weniger), mit mir nähen (aber das machen sie noch sehr selten). Auf jeden Fall haben sie Vorbilder und die Möglichkeiten. Material ist da, Werkzeuge und Eltern die Spaß daran haben. Leider passiert in der Schule da so gut wie gar nichts.

    Liebe Grüße
    Sabine

  10. Kompliment an einen so großartigen Handarbeitsunterricht!
    Leider kann ich mich daran gar nicht erinnern.
    Herzlich, Jessica

  11. Vielen Dank für all eure Beiträge!
    Zu meiner Zeit hatten die Mädchen Handarbeiten, die Jungs Werken. Kurz danach wurde die Geschlechtertrennung abgeschafft, dann war es ganz vorbei.
    Aber für all das gilt, das kommt ja auch bei euren Schilderungen gut raus, dieses Zitat aus dem Artikel:
    „Noch mögen Frauen ab 50 durch ihre frühere Beschulung in einer günstigeren Position sein als die jüngeren, die schon fürs Knopfannähen bei Youtube nachsehen müssen. Bily indessen prognostiziert, dass die junge Generation durch ihre Experimentierfreudigkeit und die Komplimente, die sie durch ihre Nähprojekte erhalten, schnell aufholt.“

  12. Deine weiterführenden Links waren recht interessant – und ja, ich mußte noch Handarbeiten belegen, während die Jungs Werken durften. Einige Jahre später bestand dann Wahlfreiheit. Und heute? In Grund- und Realschule gibt es noch das Fach Werken und Textiles Gestalten, ob auch in den anderen Schularten weiß ich nicht.

    Ich erinnere mich an das Handarbeiten der 5. oder 6. Klasse mit Grauen. Wir mussten ein halbes (!!) Jahr lang an einem Pulli herumstricken. Meine Mutter strickte mir schließlich einen Ärmel und das Rückenteil, weil sie das Elend nicht mehr mit ansehen konnte. Und das muss sehr groß gewesen sein – denn ansonsten waren solche Mauscheleien bei Haus- oder Schulaufgaben ein absolutes No-Go!
    Dennoch habe ich gerne für mich selbst, Freunde und Verwandte trotz dieser fürchterlichen Handarbeitslehrerin weitergestrickt. Handarbeiten lag wohl im familiären Blut…

    Ich denke, dass man sich gewisse Fertigkeiten auch später noch aneignen kann. Über Bücher, Kurse oder auch über handarbeitende Bekannte, Freunde oder Verwandte – und natürlich inzwischen ganz großartig über das Netz! Es ist dann einfach eine Frage der Zeit, der Eigenmotivation und Übung, ob man weitermacht und das Ganze perfektioniert.

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